Eindrücke aus dem Norden von Ghana
Bongo-Bauern beim Erstellen von Steinwällen gegen die Bodenerosion.
Seit seinem letzten Besuch sind vier Jahre vergangen. Nun ist Präsident Hannes Heinimann im November 2023 nach Ghana gereist. Er hat Projekte im Norden des Landes besucht und Gespräche mit Wasser- und Hygieneverantwortlichen sowie Partnerorganisationen geführt. Lesen Sie hier seine Eindrücke.
Vieles hat sich verändert in Ghana, aber die Menschen haben mich mit wie immer mit der gleichen spontanen Herzlichkeit und Freude empfangen. Besorgt haben mich die dramatisch verschärften Auswirkungen des Klimawandels: Bereits im November, also noch in der Anfangszeit der Trockenperiode, sind die dürren und braungelb gefärbten Felder allgegenwärtig. Planbare und verlässliche Ernten und damit verbundene regelmässige Einkünfte gibt es kaum mehr. Zudem bewirkt die wirtschaftliche Talfahrt des Landes eine steigende Inflation von aktuell mehr als 50 Prozent und eine deutliche Verteuerung von Nahrungsmitteln, Gütern des täglichen Bedarfs, Strom und Treibstoff. Die immer länger werdenden Dürreperioden haben ebenfalls den Kampf um ganzjährig verfügbares Wasser verschärft.
Im Rahmen der Projektarbeit der Ernst Peyer Stiftung gibt es aber auch ermutigende Entwicklungen:
Erfolgreiche Schulung von Wasserkomitees
Im Dorf Punyoro bei Navrongo besuchte ich einen praktischen Ausbildungsskurs für die Mitglieder der Wasserkomitees aus sechs Dörfern. Unter der Anleitung von William Apena, Ausbildner und Hygienespezialisten von unserer Partnerorganisation Water Vision Technology, lernten die 30 Frauen und Männer an diesem Tag die Bestandteile der Afridev-Wasserpumpe kennen: Pumpe in die Einzelteile zerlegen, die Teile benennen und wieder zusammensetzen. Learning by Doing.
Mit den erworbenen Kompetenzen reparieren die Teilnehmenden ihre Wasserpumpe im Dorf meist selbst, ohne auf einen regionalen Mechaniker warten zu müssen.
An einem weiteren Ausbildungstag lernten die Teilnehmenden die Regeln und Pflichten ihres Wasserkomitees kennen: von der Pflicht, Wassergebühren einzukassieren und darüber Buch zu führen, über die Zugangsregeln zum Brunnen für Mensch und Tier bis hin zu den Vereinbarungen mit der Nachbargemeinde, wenn deren Einwohner heimlich Wasser aus dem gut funktionierenden Brunnen holen möchten.
Im Gespräch mit William Apena habe ich erfahren, wie die praxisorientierte Ausbildungsarbeit die Mitglieder der Wasserkomitees in ihrer wichtigen Rolle im Dorf stärkt und befähigt. Trotz Armut und Entbehrungen ermöglicht sie ihnen, als Team richtig und verantwortungsvoll zu handeln und dabei einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit zu leisten. Und ich habe beobachtet, dass es dem Ausbildungsteam von Water Vision Technology gelingt, die Menschen für das Thema „Brunnenunterhalt“ zu sensibilisieren und über die Ausbildung für den Pumpenunterhalt auch Verhaltensveränderungen in den Dorfgemeinschaften zu bewirken.
Nicht nur die Wasserkomitee-Mitglieder schätzen unsere Schulungen. Bei meinen Gesprächen mit nationalen Akteuren im Wasserbereich würdigte die angesehene NGO „Water Aid Ghana“ unsere regionalen Ausbildungen in der Upper East Region. Diese werden als eine wertvolle Massnahme für eine nachhaltige Wasserversorgung in ländlichen Regionen gesehen.
Auch im Jahr 2024 führen wir Projekte für Brunnenunterhalt und -reparaturen fort: Im ländlichen Norden reparieren wir 40 Dorfbrunnen und Handpumpen. Gleichzeitig organisieren wir gemeinsam mit Water Vision Technology Ausbildungen für 60 Brunnenkomitees. Für grössere Reparaturen bilden wir 45 Handpumpenmechaniker aus. Damit versorgen wir die Region mit Fachkräften, die grössere Defekte innert kürzester Frist beheben können.
Bei den Bauern in Bongo
Für eine einträgliche Landwirtschaft braucht es neben Wasser auch eine biologische Bodenverbesserung und Aufforstung der Landwirtschaftsflächen. Diese Erkenntnisse in Taten umzusetzen, dafür setzt sich die lokale Bauernkooperative Bongo-Farmer im Bongo-Distrikt ein.
Mit Freude habe ich diese Gemeinschaft besucht und gesehen, was die rund 40 Bauernfamilien zur Verbesserung ihrer Lebensgrundlage umgesetzt haben: Auf den gemeinschaftlich bewirtschaften Landflächen, bauen sie Steinwälle gegen die Bodenerosionen, pflanzen Bäume, stellen Kompost her und erweitern ihr Wissen mit Weiterbildungen rund um Pflanzen und Saatgut.
Mit technischer und materieller Unterstützung der Ernst Peyer Stiftung wird die Kooperative im Jahr 2024 ihr Vorhaben weiterentwickeln und fortführen. Dafür erhalten sie vor Ort Beratungen von einem Agrarökologie-Experten und besuchen Weiterbildungen.
Hannes Heinimann