Herbstpalaver 2023: «Keine Toilette zu haben, heisst leiden.»
Einblicke in die Wasser- und Hygienesituation in Afrika und Ghana, Informationen zu laufenden Projekten und Videobotschaften der Betroffenen: Das Herbstpalaver 2023 bot der Gästeschar spannende Inhalte, vertiefte Gespräche und einen direkten Austausch mit dem Stiftungsrat. Den Anlass moderierte Priska Spörri.
Der 21. Oktober 2023 im Alten Spital in Solothurn. Über der Stadt strahlt die Herbstsonne und empfängt die eintreffenden Gönnerinnen und Gönner, Freunde und Gäste der Ernst Peyer Stiftung. Drinnen begrüsst Präsident Hannes Heinimann die Interessierten zum Herbstpalaver 2023. Mit grosser Freude heisst er Lukas Peyer, den direkten Nachkommen von Ernst Peyer, willkommen.
«Neben allen Notlagen auf dieser Welt ist die Hilfe der Ernst Peyer Stiftung nötiger denn je», sagt Heinimann in seinen Begrüssungsworten. Die Stiftung unterstützt seit mehr als 20 Jahren die Menschen ihn Ghana mit Projekten rund um Wasser und Hygiene. Dieses Engagement überprüft der Stiftungsrat laufend und hat dafür in den letzten Wochen auch das Leitbild überarbeitet. Darin hält er neu fest, dass vermehrt auch Schulen und Kleinbauern unterstützt werden. «Kleinbauern verhelfen wir mit Aus- und Weiterbildungen rund um die Bestellung ihrer Felder zu einer gesicherten Ernährung ihrer Familien und einem besseren Leben», so Heinimann, und betont: «Die Fähigkeiten und die Mitarbeit der Begünstigten sind bei unseren Projekten immer ein zentrales Element.»
Wasser- und Hygieneversorgung in Afrika
Wie sich die Wasserversorgung in Afrika präsentiert, darüber informiert Stiftungsrat Jürg Frei in seinem Referat. «Noch immer haben lediglich 40 Prozent der Menschen einen sicheren Zugang zu Trinkwasser und zu Basishygiene wie Händewaschen», erfahren die Anwesenden von Frei. Besonders schlecht sei die Situation rund um sanitäre Anlagen. Rund 70 Prozent der afrikanischen Bevölkerung verrichtet ihre Notdurft im Freien. «Und doch«, betont Frei, «hat sich die Situation in den vergangenen 20 Jahren verbessert. Aber es gibt noch viel zu tun und die Unterschiede zwischen Stadt und Land sind sehr gross. Landregionen werden bis heute vergessen und vernachlässigt. Frauen und Mädchen müssen für ihre Versorgung mit Wasser täglich mehrere Kilometer zu einer entfernten Wasserquelle.»
Die Verbesserungen der Infrastruktur für Wasser und Hygiene werden gemäss Frei von diversen Herausforderungen gebremst: dem Klimawandel, dem Bevölkerungswachstum, der Urbanisierung und den Konflikten in den einzelnen Ländern. Sein Referat schloss Frei mit der Zuversicht der Afrikanerinnen und Afrikaner, dass es besser kommt. Unterstützt von nationalen und internationalen Organisationen arbeiten sie hart am Fortschritt und der Entwicklung ihrer Länder und Regionen. Sie engagieren sich, bilden sich aus und weiter. Persönlich geben Frei auch die Gönnerinnen und Gönner der Ernst Peyer Stiftung Mut. Sie ermöglichen im Kleinen Grosses für Dorfgemeinschaften und Schulen im armen Norden von Ghana.
Die Situation in Ghana
Und wie ist die Wasser- und Hygieneversorgung in Ghana? Dazu kommt Alex Tseh, der Stiftungsvertreter vor Ort, via Videobotschaft zu Wort. Er führt aus, dass sich auch in Ghana die Situation verbessert hat. Weiterhin unterversorgt sind ländliche Regionen sowohl hinsichtlich Wasser als auch sanitäre Anlagen. Letztere gibt es bis heute viel zu wenige – rund 20 Prozent der Bevölkerung haben keinen Zugang zu einer Toilette. Ein grosses Entwicklungspotenzial sieht Tseh bei den Wasserversorgungssystemen im ländlichen Norden. Diese sind vielerorts vorhanden, mangels Wissen und Geld funktionieren sie aber nicht mehr. Entsprechend wertvoll und nachhaltig sind technische Aus- und Weiterbildungen für lokale Dienstleister, Wasserkomitees und private WASH-Unternehmen. Die Sichtweise der Bevölkerung Ghanas fasst Tseh mit den Worten zusammen: «Vieles ist besser als früher, aber nicht so, wie es sein sollte.»
Wasser und sanitäre Anlagen für zwei Schulen
«Keine Toilette zu haben, heisst leiden», bringt es eine Schülerin in ihrer Videobotschaft auf den Punkt. Sie besucht eine der zwei Projektschulen, die die Ernst Peyer Stiftung unterstützt. Gemeinsam soll die Hygiene an den Schulen mit funktionierenden Toiletten und fliessendem Wasser verbessert werden. Der Weg dahin ist noch lang und steinig, sagt Stiftungsrat Hans Peter Willi in seinem Bericht über laufende Projekte. Sein Einblick mit Wort, Bild und Videobotschaften berührt und zeigt auf, wie wichtig die Unterstützung der Ernst Peyer Stiftung für die Menschen ist. Dass die Schülerinnen und Schüler dabei aktiv mitarbeiten und über WASH-Komitees erste Hygieneverbesserungen wie einfache Waschstationen eingeführt haben, motivieren Willi als Projektverantwortlichen und zeigen, dass in kleinen Schritten eine Veränderung möglich ist.
Gespräch mit dem Stiftungsrat
Im abschliessenden Gespräch befragt die Moderatorin Priska Spörri den Stiftungsrat zur Arbeit in Ghana und wie sich diese in den vergangenen Jahren verändert hat. Dazu Jürg Frei: «Heute ist es zentral, dass wir uns bei jedem Projekt akribisch in die lokale Gesetzgebung einlesen. Dieses Wissen hilft uns, die Situation vor Ort besser zu verstehen. Und wir arbeiten immer mit lokalen Fachpersonen.» Vizepräsident Walter Esposito ergänzt: «Noch bis vor einigen Jahren haben wir Experten nach Ghana geschickt. Heute können wir auf das Wissen lokaler Dienstleister und Partner zählen, das wir mitunter mit Aus- und Weiterbildungen fördern.» Auf die Vor- und Nachteile einer kleinen Organisation angesprochen, sagt Hannes Heinimann: «Dank unserer Kleinheit sind wir sehr flexibel und können uns uneingeschränkt auf unser Gegenüber einlassen. Fehler können wir schnell korrigieren. Wir haben kein Büro und der Stiftungsrat arbeitet ehrenamtlich. Dies ermöglicht es, dass fast der ganze Spendenfranken direkt in die Projekte fliesst.»
Mit einem herzlichen Dankeschön an den Stiftungsrat und die Gönnerinnen und Gönner schliesst Priska Spörri den offiziellen Teil der Veranstaltung. Beim Apéro wird das Erfahrene weiter diskutiert und die Teilnehmenden finden sich in anregenden Gesprächen zusammen.
Der Stiftungsrat bedankt sich bei allen Interessierten für ihre Teilnahme und den regen Austausch. Ein grosser Dank geht an Stiftungsrätin Rahel Briggen für die Organisation des Anlasses.